Dieser Beitrag über Ayurveda Rituale ist werbefrei. Und wird dank unseren Mitgliedern ermöglicht. Menschen brauchen Luft zum atmen. Chezmamapoule.com braucht Abos. Stelle sicher, dass unser Webmagazin auch in Zukunft allen frei zugänglich ist. Und unterstütze unsere Arbeit mit einem Abo: Jetzt Mitglied werden

Ayurveda ist eine Jahrtausende alte Wissenschaft, die eine Menge einfache Tools bietet, für ein ausgeglicheneres, gesünderes Leben. In dieser Folge spricht Ellen Girod mit Dr. Janna Scharfenberg. Wie wird Ayurveda alltagstauglich für sonst schon genug beschäftigte Eltern? Wie hängt morgendliches Ölziehen (Mund mit z.B. Kokosöl umspülen) mit mehr Wohlbefinden zusammen? Warum ist es eine gute Idee, zwischen den Mahlzeiten 4-5h Pausen einzulegen?

Folge über Ayurveda Rituale anhören

Du findest diese Episode auch auf: Spotify, Apple Podcasts, Google Podcasts, Deezer, Podigee

Folge über Ayurveda Rituale nachlesen

Einige Ausschnitte aus dem Gespräch als Interview:

Liebe Janna, wie sieht Deine ayurvedische Morgenroutine aus?

Meistens wachen wir um 6 Uhr auf. Meine Tochter hört ein Hörspiel, während ich zunächst meine Zunge mit dem Zungenschaber reinige. Nach der Zungenreinigung beginne ich mit dem Ölziehen. Über Nacht sammeln sich viele Giftstoffe im Mundbereich an, wir kennen das von unserem unliebsamen Mundgeruch. Durch das Ziehen mit Öl wird der Mundraum sorgfältig gereinigt. Zugleich wirkt sich das Ölziehen besonders positiv auf die Zahn- und Mundgesundheit aus. Man sollte schon rund 5 Minuten ziehen, die traditionelle ayurvedische Praxis fordert mehr als 10 Minuten.

Welches Öl eignet sich fürs Ölziehen?

Man kann einen Esslöffel Kokosöl benutzen, welches gleichzeitig die Zähne aufhellt. Leinöl, Olivenöl oder Sesamöl geht auch. Wichtig ist, dass das Öl durch die Zahnzwischenräume gezogen wird, also in Bewegung ist, wie bei einer Mundspülung. Am Schluss das Öl auf ein Tuch spucken und entsorgen.

Und danach kommt die Nasendusche?

Wenn es die Zeit hergibt. Die Nasendusche wirkt sich wohltuend auf den Nasenraum aus. Oft koche ich mir am Vorabend Wasser auf und fülle es über Nacht in einen Krug mit Abdeckung. Am Morgen gebe ich etwas Nasenspülsalz dazu. Leitungswasser geht natürlich auch. In den Wintermonaten lasse ich die Nasendusche aus, da meine Nasenhöhlen davon zu trocken werden. In der ayurvedischen Praxis ist sie auch sehr etabliert, da sie die Nase für die Atemübungen frei macht.

Und danach?

Manchmal nehme ich mir richtig viel Zeit für die ayurvedische Morgenroutine. Dann gönne ich meiner Haut eine Trocken-Massage. Eine der bekanntesten im Ayurveda ist die Garshan-Massage, dazu nimmt man einen Handschuh aus Rohseide. Garhsan-Massage ist sehr wohltuend, regt die Durchblutung sowie den Kreislauf an, aktiviert den Stoffwechsel und sorgt mitunter für eine straffe Haut.

Trinkst Du morgens auch warmes Wasser mit Zitrone?

Genau, nach der Reinigung trinke ich ein Glas warmes Wasser. Im Ayurveda werden warme Getränke bevorzugt. Sie regen unmittelbar das sogenannte Agni, das Verdauungsfeuer, an und den Stoffwechsel. Danach meditiere ich oder mache ein paar Yogaübungen. Tiefe Atemzüge sind dabei besonders wichtig. Sie entspannen mich und lassen mich gut in den Tag starten.

Was sagst Du zu Eltern, die morgens gar keine Zeit für die ayurvedische Routine finden?

Wichtig ist: Es ist immer richtig, was sich gut anfühlt. Ayurveda ist kein Muss. Er sollte keinen Druck erzeugen. Schau, was du brauchst. Solche Tage haben wir auch: Mal mag meine Tochter kein Hörspiel hören oder mein jüngstes Kind ist früher wach. Dann trinke ich mein warmes Wasser oder mache nur eine Zungenreinigung und das ist dann auch gut.

Was genau ist Ayurveda eigentlich?

Ayurveda ist die Wissenschaft vom Leben. Der Ayurveda fragt: Wie kann ich ein zufriedenes und gesundes Leben gestalten? Wie in Balance kommen? Wie kann ich meinen Körper gesund halten? Was erfüllt mich spirituell? Wie kann ich Ernährungsrituale und Morgenroutinen individuell für mich gestalten? Kurz gesagt: Authentisch unsere eigene Wahrheit leben.

Die Pandemie hat viele aufgewühlt und Strukturen zerrüttet. Viele Menschen sind nun auf Sinnsuche. Kann Ayurveda hier helfen?

Unlängst in welchen Zeiten wir leben, das Wichtigste ist: Ein Fundament zu besitzen. Ayurveda gibt uns Erdung, Stabilität und Struktur. Wenn wir diese Dinge verankert haben, dann kann uns das, was von aussen kommt, was wir eventuell nicht beeinflussen können, nicht mehr ganz so umhauen.

Wie kann man sich erden?

Jeder kann sich selber fragen: Was erdet mich? Was ist mein Fundament? Je tiefer und breitflächiger ein Baum seine Wurzeln wirft, desto mehr Halt hat er und je stärker kann er nach oben wachsen. Und dann macht es ihm auch nichts aus, wenn ein Sturm kommt und seine Äste durch die Gegend wirbelt.

„Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen“, hat Goethe mal gesagt, «Wurzeln, solange sie klein sind, und Flügel, wenn sie grösser werden.»

Genau, das ist essenziell. Manchmal vergessen wir Erwachsene aber, dass wir diese Wurzeln und Flügel ebenso brauchen. Vielleicht haben wir über die Jahre ein Fundament gebildet, welches uns überhaupt nicht nährt. Da kann Ayurveda helfen, den Fokus neu zu setzen.

Wie kann man mit Ayurveda beginnen?

Zunächst mit kleinen Schritten. Erstmal eine ayurvedische Übung etablieren. Dann die nächste. Vielleicht startet man zunächst mit der täglichen Zungenreinigung oder mit dem Ölziehen morgens, was einem mehr anspricht. Man spürt schnell, ob es einem mit dieser Routine gut geht

In welchen Zeitabständen?

Eine Routine verfestigt sich erst über mehrere Monate im Alltag. Erst dann erreicht man einen tiefergehenden Effekt. Das erfordert eine gewisse Disziplin.

Worauf sollte man bei der Ernährung achten?

Die Speisen sollten zwar nahrhaft, aber dennoch leicht verdaulich sein. Deswegen eignet sich ein warmes Frühstück für einen guten Start in den Tag. Das Mittagessen ist die wichtigste Mahlzeit des Tages, da Agni dann am aktivsten ist. Zwischen den Mahlzeiten sollte möglichst eine Pause von 4 bis 5 Stunden liegen. Früchte bestenfalls auf nüchternen Magen oder gedünstet zu sich zu nehmen und Rohkost sollte nur einen kleinen Bestandteil im Speiseplan einnehmen.

Gerade mit Kindern ist es schwer, auf den Apfel zwischendurch oder ein Eis zu verzichten..

Natürlich kann man ab und zu Snacken. Es sollte nur kein Dauersnacken sein. Schenke Agni so oft es geht eine Pause.

Welche Portionsgrösse empfiehlst du?

Wenn Du Deine Hände zu einer Schale zu formst, ist das eine ideale Mahlzeitgrösse nach ayurvedischem Prinzip. Zudem sollte man versuchen, langsam zu essen und die Mahlzeit mit allen Sinnen zu geniessen.

Die ayurvedische Lehre empfiehlt drei frisch gekochte Mahlzeiten am Tag. Als moderne westliche Familie oft schwer umsetzbar. Ich bin ein Freund von Meal Prep, wäre das im Ayurveda erlaubt?

Und wieder ist die Antwort: So wie du es brauchst. Es gibt kein Muss beim Ayurveda nur ein Kann. Im Ayurveda geht es sowieso darum, dass alles Empfehlungen sind. Natürlich gibt frisch gekochtes Essen mehr Energie. Aber wenn Meal Prep dich in deine Balance bringt, dann ist das nur förderlich. Besonders im Alltag mit kleinen Kindern ist es wichtig, dass man nicht alles perfekt machen muss. Da möchte ich ein Zitat von meinem Ayurveda-Arzt, der gleichzeitig auch mein Mentor ist, anbringen: “Wir können versuchen alles perfekt zu machen, und wenn das nicht geht, dann machen wir es gut und wenn das nicht geht, dann machen wir es passend und wenn das nicht geht, dann machen wir, bis es funktioniert. Und alles ist richtig.” Vielleicht gelangst du an den Punkt, dass du zunächst einmal am Tag frisch kochst und dies immer weiter in den Alltag integrierst und zur Routine werden lässt.

Das beruhigt, ich koche mir oft ein Kitchari für ein paar Tage vor.

Kitchari (Rezept ist ganz unten verlinkt) ist ein sehr leicht verdauliches, ayurvedisches Gericht. Aus diesem Grund wird es für Detox-Tage eingesetzt. Ein wunderbarer Eintopf aus Linsen und mit verschiedenen Gewürzen, die die Verdauung anregen. Angepasst an die Jahreszeiten enthält das Kitchari unterschiedliches Gemüse.

Wie hat sich deine Ayurveda-Praxis verändert, seit du Mutter bist?

Ich würde sagen, Ayurveda hat sich meinem Leben als Mutter angepasst. So wie sich Ayurveda auf verschiedenste Lebensmodelle individuell anpassen lässt. Ich konzentriere mich auf das Wesentliche und die Kinder machen mit, indem sie z.B. auch Zungenschaben praktizieren. Ich bin kein Fan davon, Kinder zu separieren. Ich möchte meine Freude und Bedürfnisse mit meinen Kindern teilen. Ayurveda ist der Grundbeat in meinem Leben.

Dr. Janna Scharfenberg

Dr. Janna Scharfenberg über Ayurveda Rituale

Dr. Janna Scharfenberg ist ganzheitlich praktizierende Ärztin mit Weiterbildung in Ayurvedischer Medizin und Mutter von zwei kleinen Mädchen. Sie ist ausserdem zertifizierte Yogalehrerin, Dozentin und sie arbeitet als Mentorin für Yogalehrerinnen und ganzheitliche Gesundheitsberufe.

Folge über Ayurveda Rituale nachgoogeln: Die versprochenen Shownotes aus dem Gespräch mit Dr. Janna Scharfenberg

Hier findest Du die besprochenen Ressourcen:

Chezmamapoule.com unterstützen

Noch mehr solch guten Inhalte? Falls Du uns regelmässig liest, werde bitte, Mama-Poule-Gönner*in. Wenn Du unsere Arbeit mit einem monatlichen Kleinstbeitrag unterstützt, stellst Du sicher, dass Chezmamapoule.com weiterhin besteht. Und kommst dabei in den Genuss hochexklusiver Vorteile ;- ) So funktioniert die Gönnerschaft

 


Das Titelbild hat die Familienfotografin Simona Dietiker on Momoland Photo gemacht.