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Seit den 90er Jahren wurde Ashtanga-Yoga dank Künstlern wie Sting, Madonna und Gwyneth Paltrow im Westen bekannt. Ashtanga gilt als eine der wichtigsten klassischen Yoga-Methoden und auch als eine der Härtesten.

Doch was hat Ashtanga-Yoga mit bindungsorientiertem Elternsein zu tun? Kann Yoga uns helfen eine Bindung zu unseren Kindern und Mitmenschen aufzubauen? Wie kommen Eltern zu einer regelmässigen Yoga-Praxis, wenn noch zwei kleine Wuseln in der Wohnung sind? Was bedeutet das bekannte Ashtanga-Zitat «99% practice, 1% theory»? Und was hat es mit «Practice, practice everything is coming” auf sich?

“Only when you connect with yourself, you can connect with others», schrieb einst die Yoga-Lehrerin, Chiara Castellan und genau diesen Fragen geht Ellen Girod mit ihr in dieser Folge nach.

#9 Folge mit Chiara Castellan zum Hören

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#9 Folge mit Chiara Castellan zum Lesen

Ellen Girod: Liebe Chiara, was ist Yoga eigentlich?

Chiara Castellan: Für mich ist Yoga Konzentration und innere Ruhe, glücklich sein. Wenn ich Yoga praktiziere, bin ich konzentriert und ganz im Moment. Die quälenden Gedanken wie «Soll ich das machen? Soll ich nicht? Und was denken die Leute?» sind dann still. Und ich komme zu einer inneren Ruhe und Zufriedenheit. Yoga praktizieren kann ich auf der Matte und in meinem im Alltag. Yoga ist 24/7. Das ist das Ziel.

Du praktizierst und lehrst seit vielen Jahren Ashtanga Yoga. Was macht Ashtanga besonders?

Es ist ein fixer Ablauf von Stellungen: Zuerst die Sonnengrüsse, dann eine Sequenz von Steh-Asanas (Asana = Körperstellung) und dann die Füllung – bestehend aus sechs Serien. Der Abschluss besteht aus einer Sequenz von Rückwärtsbeugen und der Schlussabfolge mit Shavasana. Wer die erste Serie gemeistert hat, bekommt von seiner Lehrerin die zweite Serie beigebracht, eine Stellung nach der anderen. Und so weiter. Dazu kommen die tiefe Atmung mit Geräusch, das Halten von Körperverschlüssen (Bandhas) und die ruhige Ausrichtung der Augen auf einen Konzentrationspunkt (Drishti). Und die siebte Serie, das sagte schon der Ashtanga-Begründer Patthabi Jois und heute sagt es mein Lehrer Sharath Jois, die siebte und anspruchsvollste Serie, sei dann das Familienleben.

Was ich an Ashtanga besonders mag, sind die Mysore Stunden..

Nach einer Weile kennt der Körper die jeweilige Serie auswendig und in den Mysore Stunden, praktiziert jeder für sich, in seinem eigenen Rhythmus. Es ist still im Raum, das einzige was man hört ist der Atem. Egal ob du 18 oder 80 bist, egal ob in Amsterdam oder Zürich, du kannst in eine Mysore Stunde gehen und dort machen alle denselben Yoga. Und Du wirst überall zu Hause sein.

“Only when you connect with yourself you connect with others.” – hast Du mal auf Deinem Instagram-Channel geschrieben, ich hab dieses Zitat sogar ausgedruckt und in meinem Zimmer aufgehängt. Findest Du durch Yoga die Verbindung zu Dir selbst?

Absolut, Yoga ist für mich ein Weg, um mich mit mir selber zu verbinden. Ich spüre das auch in der Partnerschaft: Erst wenn ich mit mir selber verbunden bin, kann ich auch in Verbindung mit meinem Partner treten. Und natürlich auch mit meinem Kind. Diese Verbindung bringt sehr viel Leichtigkeit in mein Muttersein. Ich frage mich zum Beispiel nicht: Stille ich zu kurz? Oder zu lange? Ich stille einfach solange es für mich stimmt. Die Verbindung hilft mir, an mich zu glauben, darauf zu vertrauen, dass ich es richtig mache.

Was hat es mit dem Zitat: „99% practice, 1% theory“ auf sich?

Das ist das bekannteste Ashtanga-Zitat, mit dem sogar T-Shirts und Tassen bedruckt werden. Es bedeutet, dass wir Yoga erleben müssen. Man kann Bücher lesen, man kann darüber philosophieren, aber es ist die Praxis, das Üben, das den Yoga ausmacht.

Die Fortsetzung des Zitats lautet ja „Practice, practice and all is coming“. Was ist damit gemeint?

Es heisst, dass man es machen soll wie Kinder, die gehen lernen. Sie stürzen um, stehen wieder auf und üben und üben, bis sie irgendwann gehen. Nicht aufgeben, weiter trainieren, weiter machen und es wird alles kommen, wie es muss.

Mit Yoga ist es ja oft wie mit Sport oder Sex: Man mag vorher kein Bock drauf haben, doch im Nachhinein ist man immer froh, dass man es gemacht hat. Was kann man gegen diesen inneren Schweinehund unternehmen?

Erstmal ist es gut zu wissen, dass alle mit ihm zu kämpfen haben. Yoga kann jedoch helfen, genau diese Dämonen zu bezwingen. Man soll auch nicht an seine Grenzen gehen, beim Praktizieren. 80 Prozent auspowern reicht aus. Dann bleiben noch 20 Prozent, um sich zu entwickeln.

Du hast in den Stunden immer gesagt, Yoga soll man wie Zähneputzen angehen..

Die Asanas reinigen den Körper und den Geist, wie das Zähneputzen das Gebiss reinigt. Und genau wie wir nicht gross überlegen, ob wir nun Zähneputzen sollen oder nicht, genauso regelmässig können wir Yoga machen. Traditionell wird Ashtanga sechsmal pro Woche praktiziert, nicht am Voll- und Leermond und auch pausiert die Frau wenn sie ihre Tage hat. Aber natürlich kann man die Häufigkeit, Intensität und Länge an die Lebensumstände anpassen. Regelmässigkeit nicht die Länge ist entscheidend: Eine Stunde lang Yoga zu praktizieren, dafür nur alle zwei Wochen, bringt wenig. Lieber wenige Minuten, dafür jeden Tag. Man kann auch täglich ein Paar Sonnengrüsse sowie Shavasana machen.

Kleinkind, Baby und regelmässiges Yoga – wie schaffst Du das?

Wenn ich Yoga mache, kümmert sich mein Mann um unsere Kinder, geht mit ihnen auch raus. Manchmal nutze ich den Mittagsschlaf meiner Jüngsten. Dann darf der Grössere auch mal etwas auf dem Tablet schauen. Oder ich geniesse Yoga ganz früh am Morgen wenn noch alle schlafen. Am liebsten mache ich es so.

Was hat Ashtanga Yoga Dich über das Elternsein gelehrt?

Ashtanga kann sehr anstrengend sein, man kommt an seine Grenzen. Ashtanga hat mich gelehrt, Dinge bewusst zu tun, achtsam und gelassen zu leben, mich und mein Umfeld zu lieben so wie sie sind, glücklich zu sein. Natürlich können mich meine Kinder auch mal in den Wahnsinn treiben – und das ist okay. Ich kann darüber reden, meinem Sohn erklären, warum ich gereizt und müde war. Ashtanga Yoga gibt mir Kraft, lehrt mich Präsenz und Geduld.

Das Oberziel des Yogas ist das Samadhi. Also der Zustand des vollkommenen inneren Friedens, indem man mit dem höheren Selbst verbunden und in völliger Harmonie ist. Wie genau gelangt man in diesen Samadhi-Zustand?

Ashta bedeutet in Sanksrkit die Zahl Acht. Ashtanga Yoga basiert auf dem achtgliedrigen Pfad von Patanjali, der in den Yoga Sutras beschrieben wird: Yama (Umgang mit der äusseren Welt), Niyama (Umgang mit sich selbst), Asana (die eigentlichen Yoga-Stellungen, die wir im Westen als «Yoga bezeichnen»), Pranayama (Kontrolle des Atems), Pratyahara (Beherrschen der Sinne), Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditatin) und das achte Glied: Samadhi. Je mehr man praktiziert, desto geübter, bewusster werden wir in den acht Gliedern. Nach den Asanas, also den Körperübungen kommen die Pranayamas, Atemübungen. Danach geht man weiter in die Stille, man richtet sich nach innen, bis wir ganz innen angekommen sind: Samadhi – tiefste Konzentration, pures Glück.

Erreicht man Samadhi am Lebensende oder am Ende jeder Yoga Praxis?

Das ist sehr individuell. Es gibt verschiedene Stufen von Samadhi. Für mich bedeutet Samadhi bei mir selber ankommen. Im Zustand purer Konzentration und tiefster Freude, ganz bei mir zu sein.

#9 Folge mit Chiara Castellan zum Googeln

Hier findest Du die versprochenen Shownotes:

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Das Titelbild hat die Familienfotografin Simona Dietiker on Momoland Photo gemacht.