Am liebsten würde ich all unsere Geräte zu Hause verbannen. Aber es gibt Momente, in denen ich dankbar bin für die blau leuchtenden Bildschirme. Wie wir es mit dem Thema „Bildschirmzeit Kinder“ handhaben plus eine Sammlung sinnvoller digitalen Beschäftigungen für Kinder.

Dieser Artikel erschien zuerst im Mamablog des Tages-Anzeigers

Wie würdest Du es finden, wenn Dein Partner Dir im Restaurant ein iPad in die Hand drückt, um in Ruhe mit seinen Freunden über Themen zu reden, von denen Du nichts verstehst? Eben. Es wäre eine nicht allzu respektvolle Angelegenheit.

Somit hätten wir auch die Frage geklärt, ob ich meine Kinder im Restaurant an einen iPad lasse. Nebst der Sache mit dem Respekt habe ich, in Sachen Bildschirmzeit, schlicht Angst. Angst davor, meine Kinder zu Bildschirmsüchtigen zu machen. Angst, ihnen zu schaden. Weil ich erstens sehe, dass gewisse Apps so designt sind, um uns nach ihnen süchtig zu machen. Und doch kann ich nicht ohne, weil sie im Arbeitsleben wirklich sehr praktisch sind. Zweitens, weil ich merke, wie schlecht das blaue Licht meinen Augen tut.

Und drittens leuchten mir die bildschirmfreien Argumente sehr ein. Studien zeigen: Kinder lernen (z.B. die Sprache) am besten durch persönliche Beziehung zu Erwachsenen und anderen Kindern. Das künstliche Licht stört die Schlaf- und Aufmerksamkeitsqualität der Kinder. Übergewicht sowie andere Krankheiten und Bildschirmzeit hängen kausal zusammen. Die Liste geht weiter.

Die beste Evidenz liefern meine Kinder selbst: Austoben an der frischen Luft macht sie zufriedener und ausgeglichener als jeder Bildschirm. Und dann denke ich, als Erwachsene werden sie digital sicher viel achtsamer sein als wir. So wie wir uns heute darüber wundern, dass Eltern oder Grosseltern damals im Wohnzimmer vor Kindern geraucht haben, werden sie sich vielleicht wundern, dass wir damals sehr oft an unseren Smartphones klebten.

Die eigene «digital balance» finden

Am liebsten würde ich also all unsere Geräte zu Hause verbannen. Aber es gibt Momente, in denen ich dankbar bin für die blau leuchtenden Bildschirme. Der Lockdown im Frühling war voller solcher Momente. Wenn ich etwa ein wichtiges Gespräch auf Zoom führen musste. Oder wenn ich in Ruhe Sex haben wollte. Da habe ich – wie wohl viele andere Eltern – meine Ansprüche punkto bildschirmfreier Kindheit zurückfahren müssen.

Gleichzeitig schraube ich seither an meiner eigenen «digital balance» rum. Ich habe sämtliche Pushmeldungen und Töne abgestellt. Mein Screen leuchtet immer wieder in Graustufen (iPhone-Einstellungen > Bedingungshilfen > Anzeige und Textgrösse > Farbfilter > ein), weil die bunten Farben nicht nur meine Kinder magisch anziehen. Die erste Stunde am Tag wird möglichst nicht auf das Smartphone geschaut. Und Apps wie Instagram sperren sich automatisch nach 20 Minuten Nutzungsdauer (die drei Striche oben anklicken > Deine Aktivität > Uhrzeit > Richte eine tägliche Erinnerung ein). Denn wie sagt man so schön: Erziehung ist Beispiel und Liebe.

Bildschirmzeit Kinder: Pädagogisch wertvolle Apps & Hörbücher?

Um aus dem Smartphone keine verbotene Frucht zu machen, können die Kinder bei uns auch nach dem Lockdown ab und zu das iPhone benutzen. Hierfür haben wir gemeinsam Tage festgelegt: Es gibt einen Hörbuch-Tag und einen Filmli-Tag. Stellt sich also nur noch die Frage nach wirklich sinnvollen Inhalten. Dazu habe ich meine Montessori-Crowd befragt. Ich wollte wissen, wie Montessori-Pädagogen und Eltern, die nach Montessori erziehen, die Sache mit der Bildschirmzeit handhaben.

Daraus sind spannende und reflektierte Gespräche rund um das Thema „Bildschirmzeit Kinder“ und vor allem eine ganze Liste digitaler Aktivitäten entstanden. Ausgesucht haben wir dabei nicht nur, aber doch stark nach montessorischen Kriterien (lies dazu Simone Davies: «Montessori zu Hause», S. 47). Will heissen: Die Inhalte sind möglichst realitätsnah (keine velofahrenden Elefanten), gewaltfrei, divers sowie hochwertig illustriert und produziert. Ein grosser Dank gebührt an dieser Stelle der Montessori-Pädagogin Janet Rausch, die zu einem grossen Teil dieser Liste beigetragen hat.

Wer weiss, ob uns ein zweiter Lockdown bevorsteht. Und wer weiss, vielleicht komme ich ja doch mal in eine Situation, in der ich meinen Kindern im Restaurant ein iPhone in die Hand werde drücken müssen. So oder so: Wir wären jetzt gut gerüstet.

PS: Falls Dir noch ein Hör-, Lese- oder App-Tipp fehlt, gerne her damit in den Kommentaren!

Bildschirmzeit Kinder: Die Liste

  • Per Skype lässt es sich wunderbar mit Grosseltern, Tanten oder Onkel Lieder singen, Bücher vorlesen und Hausaufgaben machen: Skype
  • Verwandte können auch Geschichten vorlesen und sich dabei mit dem Smartphone aufnehmen. Die Eltern spielen es auf den Kreativ-Tonies der Toniebox Wenn man die Lieben nicht besuchen kann, tut es gut deren Stimmen zu hören und Eltern können in der Zeit – arbeiten oder noch besser: Mithören und mit den Kleinen kuscheln: Kreativ-Tonies
  • Die Ooigo-App steuert Inhalte: Eltern wählen kindgerechte Hörspiele und Podcasts (aus Spotify, Apple Music, Deezer etc.) aus, die Kinder dürfen sich aus der Auswahl selbständig bedienen: Oogio-App
Wissen zum Hören:
Geschichten zum Hören:
  • Auf OHRKA werden Märchen vorgelesen, z.B. das Dschungelbuch vorgelesen von Anke Engelke: ohrka.de
  • Im Klassiker «Weisst du eigentlich, wie lieb ich dich hab?» reden zwar Hasen, aber die Message überwiegt hier jede Pädagogik: Auf Spotify anhören
  • Tilda Apfelkern ist eine Maus und liebt ihre Freunde, köstliches Essen und gemütliche Picknicke: Tilda auf Spotify
Musik zum Hören:
Apps (nach Alter sortiert)
  • Wimmelbuch-Apps: z.B. Meine Stadt
  • In der Biologie-App «BioMio» können schon die jüngsten Kinder Tiere, Pflanzen und das Klime erkundschaften: BioMio
  • Die wunderschön illustrierte App «Under Leaves» lässt Tierwelten entdecken: Under Leaves
  • In der ebenfalls sehr liebevoll illustrierten App «Komm mit raus, Entdeckermaus» lassen sich Pflanzen und Tiere spielerisch lernen: Komm mit raus, Entdeckermaus
  • Die ElefantenApp
  • In der App «Mein Essen» geht es um gesunde Ernährung: Mein Essen
  • Montessorium-App bietet Einführung in die Farben, Zahlen und Buchstaben nach Montessori: Montessorium
  • Die «Wald Tastatur» lässt spielerisch Buchstaben lernen: Wald Tastatur
  • In der preisgekrönten App «Deine laute Welt» wird gegrunzt, geschnattert, gebellt und gemuht: Deine laute Welt
  • Die ebenfalls preisgekrönte Hide and Seek City-App lässt durch Wände von Häusern, Autos und Bäume hindurch sehen: Hide and Seek
  • Die MausApp (Die Seite mit der Maus):
  • Digitalwerkstatt von Haba
  • Anton – Lernapp wird von vielen Lehrpersonen empfohlen. Bewertungen und Belohnungen kann man in der Elternversion abstellen: Anton
  • Apps von der Stiftung Haus der kleinen Forscher
  • Das kostenlose Browserspiel «Elli Online» sensibilisert spielerisch«Elli Online» über Cybermobbing, Passwortschutz und Bilder im Netz und wurde dafür im 2020 mit dem pädagogischen Medienpreis ausgezeichnet.
Videos / Serien
  • Ich bin ich: Die Welt von Vorschulkindern: Velofahren, Klettern oder Tiere füttern – Kinder erzählen Geschichten aus ihrem Leben. Und jedes Kind ist anders, hat seine eigenen Stärken, Ideen und Träume: Ich bin ich
  • Die beiden Schwestern Nele und Nora entdecken die Welt und das Wetter: Nele und Nora
  • Eine Trickfilmreihe über die Geschwister Charlie und Lola
  • Pixi Wissen bietet 12-Minütige-Folgen zu einem bestimmten Thema: Fussball, Wetter, Pferde, Mondlandung oder Dinosaurier: Pixi Wissen
  • Eine Reisedoku über zwei Geschwister die in viele verschiedene Länder reisen: Mein Bruder und ich
  • Logo! Kindernachrichten von ZDF. Z.B. zur Frage: Was ist das Zwei-Grad-Ziel? oder Wieso alle Welt auf die US-Wahl schaut
  • Die Doku-Reihe zeigt, dass Kinder sehr unterschiedliche Geschichten zu erzählen haben, dabei jedoch viel gemeinsam haben: Schau in meine Welt
  • Tilda Apfelkern gibt es auch als Trickfilm
  • In der Arte Mediathek – gibt es viele Konzerte, Opern, Theaterstücke, Zirkusvorstellungen, Ballett: Auch für Jugendliche und ältere Kinder, als Erwachsener am besten Vorauswahl treffen: Arte Concert
Videos zum Sprachen lernen:
  • Deutsch lernen: Filmreihe des WDR für Kinder von 5 – 10  Jahren. Für die ersten Schritte in die deutsche Sprache. Zuhören, nachsprechen, mitmachen: Deutsch mit Socke
  • Englisch lernen: Das Socken-Pendant zum Englisch lernen, auch schon für Kleine: Deutsch mit Socke
  • Dokus für Jugendliche zum Englisch lernen: Teens in the US in Canada in Cornwall
Videos für Tiere-interessierte Kinder:
Videos rund um Nahrung und Bewegung:
Videos auf Mundart:
  • Jim Knopf auf Mundart gibt es in 34 Folgen bei:Minitheater Hanniball
  • Auf Schlaumeier.online gibt es online-Lektionen von Erwachsenen von Kindern, zu spannenden Themen und auf Mundart. Z.b. darüber wie eine Geschichte in die Zeitung kommt: Schlaumeier.online

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Bildrechte: ©Simona Dietiker


Das Titelbild hat die Familienfotografin Simona Dietiker von Momoland Photo gemacht.