M wie Mama, P wie Paddington! Wenn Kinder über all nur noch Buchstaben sehen, wird diese Spielidee zum Buchstaben lernen zum lustvollen Vergnügen.
Als meine Tochter ihren allerersten Buchstaben erkannte, fielen mein Mann und ich fast vom Stuhl. (Und gaben uns natürlich alle Mühe nicht zu loben. : ) Auf Strassenschildern, Warenhäusern und Bahngleisen – überall sah sie nur eins: Buchstaben. Sie sah Buchstaben, wo eigentlich keine waren: In den Schatten, in den Bodenritzen und im Licht, das wie ein „T“ durch unsere Fensterscheiben hindurchleuchtete. Und sie merkte sie sich unheimlich schnell. Um ihren Wissensdrang zu stillen, habe ich für sie ein Spiel gebastelt. Wer unser heissgeliebtes Spiel „Tiere zuordnen“ bereits kennt, kann sich die simple Idee schon denken: Es gibt Buchstaben aus Holz und dazu passenden Kärtchen. Diese ordnete meine Tochter einander zu.
Da meine Tochter damals noch relativ jung war, habe ich ihr Kärtchen mit ihren allerersten bzw. meistverwendeten Worten angefertigt. Dabei habe ich Worte gewählt, die sie besonders mag und die mit Emotionen verbunden waren: M wie Mama, B wie Bas (das ist ihr Papa, sie nennt ihn heute noch häufig mit seinem Vornamen), G wie Gotti (Patentante auf Schweizerdeutsch) oder P wie Paddington (weil sie zu der Zeit eine wahre Paddington-Phase hatte). Für die restlichen Buchstaben habe ich Alltagsworte gewählt: H wie Hand, T wie Tomate oder W Windeln. Daraus entstand ein lustvolles Spiel.
Ab welchem Alter wollen Kinder Buchstaben lernen?
Das damalige Alter meiner Tochter möchte ich hier bewusst nicht aufschreiben, denn Kinder entwickeln sich individuell. Das hört man immer wieder von Kinderärztinnen und als zweifache Mutter kann ich das nur bestätigen. Altersangaben können Eltern unnötig verunsichern. Nur soviel: Beobachtet euere Kinder und ihr werdet merken, sobald Buchstaben interessant werden. Weil dann gibt es so gut wie nichts anderes, dass sie so dermassen begeistern wird wie eben Buchstaben. Und wenn nicht: Auch wunderbar.
Müssen Kinder überhaupt schon im Vorschulalter Buchstaben lernen?
Nein, natürlich nicht. Lernen müssen Kinder sowieso nichts. An Montessori Kinderhäusern beispielsweise werden Materialen zum Spracherwerb tatsächlich noch vor dem sechsten Lebensjahr angeboten. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass es Maria Montessori nicht um Förderungs-, geschweige Frühförderungsprogramm ging. Sie war Ärztin und beobachtete wie Kinder lernen und stellte u.a. fest, dass bereits Vierjährige nach Einführung des Alphabets schreiben konnten (vgl. Schumacher et al. 2013: 7).
Bei uns zu Hause richte ich mich nicht nach Altersvorgaben, sondern nach dem „Follow the Child“-Prinzip. Entsprechend geht es mir nicht darum meiner Tochter irgendetwas „beizubringen“. Mein Vorgehen ist stets dasselbe: Ich beobachte sie und versuche herauszufinden: Wofür begeistert sie sich gerade? Und biete ihr dann passende Spiele oder Materialien an. Nimmt sie diese Einladungen mit Begeisterung an, ist es wunderbar. Wenn nicht, ebenso. Meine Kinder haben freie Wahl und entscheiden selbst, wie lange sie sich mit was und wie beschäftigen. Und sie zeigen mir sehr deutlich, ob sie etwas interessiert oder nicht.
Sprache lernen – wann und wie beginnen? Mit Lesen oder Schreiben? Mit Gross- oder Kleinbuchstaben? Mit Block- oder Kursivschrift?
Noch ein paar Gedanken zum Thema Sprache lernen. Als Kind habe ich zuerst Lesen und dann Schreiben gelernt. Heute wird das Thema – je nach Lehrperson oder pädagogischer Ausrichtung – anders angegangen. An Montessori Kinderhäusern zum Beispiel lernen die Kinder Lesen und Schreiben gleichzeitig. Warum das? Weil es für Kinder einfacher ist, mit dem Schreiben zu beginnen, da die eigenen Gedanken dem Kind bereits bekannt sind (vgl. Kaul/Wagner 2012: 18). Ausserdem beginnt man nach Montessori mit kleinen Buchstaben. Dies weil unsere Texte mehrheitlich aus solchen bestehen. Eigentlich ganz logisch, oder? Sobald die kleinen Buchstaben vertraut sind, kommen die Grossbuchstaben dazu.
Somit ist auch klar, dass die hier vorgestellte Spielidee – zwar multisensorisch ist – aber nicht viel mit Montessori zu tun hat. Die Spielidee war vor allem auf meine Tochter und mich bzw. meine Möglichkeiten ausgerichtet. Meine Tochter sah überall Buchstaben in Blockschrift (im Alltag begegnete ihr Kursivschrift nirgends) und interessierte sich entsprechend für diese. Ich fand nur Holzbuchstaben in Kapitälchen, die ich mir leisten konnte (die hier waren mir zu teuer. Falls jemand weiss, wo man bezahlbare und kleine Holzbuchstaben findet, lasst es mich wissen). Daraus entstanden unsere Karten.
Was ich mit all dem sagen will: Folgt euren Kindern, lasst euch von ihnen führen. Es geht mir nicht darum, euch mit meinen Spielideen unter Druck zu setzen, dieses und jenes unbedingt für eure Kinder machen zu müssen. Sondern mit euch das zu teilen, was bei uns funktionierte und zum lustvollen Spielen beitrug. Falls sich eure Kinder tatsächlich auch für Grossbuchstaben interessieren, habe ich für euch unsere Druckvorlagen als PowerPoint-Datei vorbereitet, damit ihr diese selber am PC bearbeiten könnt und die eine oder andere Karte für eure Kinder personifizieren und z.B. euere Familien-Fotos (M wie Mama oder O wie Oma) einfügen könnt.
Das braucht ihr für das Spiel „Buchstaben lernen“
- Buchstaben aus Holz
- Einen Korb
- Ein Tablett (optional)
- Persönliche Karten – unsere bearbeitbaren Druckvorlagen als PowerPoint-Datei gibt’s hier.
Und so einfach geht’s
- Holzbuchstaben besorgen*. Ich hab meine bei Betzold gekauft. Es sollte aber auch welche bei Kik oder Tedi geben, sucht mal nach Bastelbuchstaben oder Holzbuchstaben. Je nach Budget gibt es auch bei pruefl.com kleine Buchstaben, gebt dort mal „bewegliches Alphabet“ ein.
- Erste und wichtigste Worte eueres Kindes aussuchen, entsprechende Bilder (aus dem Fotoalbum oder Google-Bilder) recherchieren und persönliche Kärtchen für euer Kind kreieren (ihr könnt dabei gerne unsere Druckvorlagen verwenden), drucken und laminieren.
- Fertg! Ihr müsst übrigens nicht alle Karten sofort erstellen. Ich habe meiner Tochter zunächst nur einen Buchstaben und das passende Kärtchen angeboten. Der Buchstabe ihres Vornamens und das Kärtchen mit ihrem Foto waren das. Danach zeigte sie mir deutlich, dass sie bereit war für weitere Buchstaben. So hab ich für sie laufend weitere Karten kreiert.
Et voilà
Anfangs haben wir zusammen, später hat meine Tochter selbst die Karten auf ihrem Tisch oder am Boden ausgelegt. Die Holzbuchstaben lagen in einem Korb. Dann ordnete sie diese einander zu. (Welcher Buchstabe ist es? Und welcher Buchstabe aus dem Korb passt dazu?). Da sie das Zuordnen schon vom „Tiere zuordnen“-Spiel kannte, ging sie hier sehr intuitiv vor. Ich war dabei wie immer im Hintergrund, um sie nicht mit meinen unnötigen Kommentaren zu stören. Das einzige, was ich zu Beginn gemacht habe: Ich habe ihr gesagt, wie die Buchstaben heissen, also die Konsonanten ausgesprochen. Sobald sie fertig war, versorgten wir die Kärtchen und die Holzbuchstaben zusammen wieder im Körbchen, damit das Spiel vorbereitet für die nächste Runde war.
Wichtig für Eltern: Die Konsonanten so aussprechen, wie sie tönen: Also „B“ nicht „Be“ sagen oder „Sss“ und nicht „Es“. Dieses Video zeigt, was ich meine. Warum? Weil Kinder später beim Lernen Probleme haben könnten und z.B. statt B eben „Be“ schreiben bzw. vorlesen.
Bilder: © Ellen Girod
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*Werbung da Markennennung. Ich habe alle Materialien für diesen Beitrag selbst gekauft.
HI Ellen, finde ich großartig. Wo finde ich denn die ppt-Datei in der Bibliothek?
Lg alex
Liebe Alex, die PPT-Datei steht in der Bibliothek: https://login.chezmamapoule.com/bibliothek mit allen anderen Druckvorlagen zum download bereit. Hoffe, die Frage ist somit beantwortet? Lieber Gruss, Ellen
Wir sind mittendrin im Buchstabenfieber. Ich habe da eine Frage: Könntest du diese Buchstaben und die entsprechenden Bilder auch so zur Verfügung stellen, dass man daraus Umdrehkarten machen könnte? Dann könnte sich Lela selbst kontrollieren…
Eine ganz tolle Idee!! Danke dafür.
Sag mal mit welcher Größe der Laminierfolien hast du gearbeitet bei diesen Karten?
Viele Grüße
Christina
https://www.amazon.de/Creation-Station-CS3746-h%C3%B6lzerne-Gro%C3%9Fbuchstaben/dp/B002E3KXL2
Gibt es auch mit Kleinbuchstaben
Danke! Soweit es mir ist, liefern die nicht in die Schweiz. -.- Hast Du ev. auch eine Idee welche Karten zu Kleinbuchstaben passen könnten? Karten mit Grossbuchstaben? (Dann ordnet das Kind kleine Buchstaben den Grossen zu?) Hmm…
Vielleicht Verben?
g – gehen
m – malen etc.?
Oder man macht die Karten von Anfang an mit Groß- und Kleinbuchstaben?
Ist es möglich, sich auf beide zu konzentrieren/wahrzunehmen? Ich denke, es könnte verwirren.
Ich habe das Thema ohnehin schon in der FB-Gruppe „Montessori beginnt bei dir“ diskutiert, weil ich las, montessori-korrekt wären sogar Buchstaben in Schreibschrift zuerst 🤷🏻♀️
Danke, liebe Marie. Das mit den Verben ist eine tolle Idee!
Ja soweit ich weiss werden nach Montessori zuerst die Kleinbuchstaben (weil es von ihnen mehr gibt in den Worten, eigentlich logisch) und zwar in Kursivschrift (da diese leichten zum schreiben ist).
Herzlich,
Ellen
Liebe Ellen
So schön geschrieben – differenziert, wertfrei, achtsam…
Lieben Gruss
Hab vielen Dank, liebe Irene. Bedeutet mir sehr viel, war nämlich nicht sicher, ob ich euch zu viel Text zu so einer einfachen Spielidee zumute. Danke!
Herzlich, Ellen
Schöne Idee
Mein Zwerg hatte sehr früh eine Buchstabenphase, in der bekam er ein Holzpuzzle. Kleinbuchstaben konnten zu den passenden Bildern in die Vorlage gepuzzelt werden.
Ich hatte zu spät gesehen, dass die Bilder passend zur englischen Sprache ausgewählt waren und habe daher einige Bilder einfach übermalt.
Nur zur Info: Diese Buchstabenphase geht bei manchen Kindern auch vorbei, ohne dass sie lesen gelernt haben. Ich vermute mal, je früher das Interesse aufkeimt, desto wahrscheinlicher ist das. Also nicht allzu enthusiastisch an die Sache rangehen, um das Kind nicht unbewusst zu überfordern.
So seh ich das auch, Danke für die wertvolle Rückmeldung, liebe Claudia!
Magst du ev. einen Link eures Puzzles hier einfügen oder mir ein Foto senden (ellen@chezmamapoule.com)? Bin natürlich neugierig!