Wir beklagen uns oft, dass Kinder uns zu wenig Respekt zeigen. Dabei wäre es so einfach: Wenn wir mit Kindern auf Augenhöhe kommunizieren, imitieren sie uns und behandeln uns ebenfalls mit Respekt. 12 Alltagsbeispiele, die zeigen, wie Kinder Respekt lernen.

Stellen wir uns folgende Situation vor. Eine Mutter kocht Spaghetti für ihre Familie. Als das warme Essen auf dem Tisch steht, geht sie ins Kinderzimmer, setzt sich auf den Boden, berührt ihr Kind sanft am Handgelenk und sagt: „Darf ich Dich kurz von Deinem Spiel unterbrechen?“ das Kind schaut kurz hoch und antwortet: „Einen Moment bitte, Mama.“ Die Mutter wartet geduldig, bis das Kind fertig ist und zu ihr hochschaut: „Jetzt kannst Du reden, Mama.“ Erleichtert antwortet die Mutter: „Das Essen ist fertig, kommst Du mit zum Tisch?“ Fröhlich marschiert die Familie in die Küche.

Und wie sieht es im Alltag aus? Oder zumindest bei uns: „Das Essen ist fertig! Alle an Tiiisch!“ ruft die Mutter aus der Küche. Und wenn nach zwei Minuten nicht alle da sind, wird sie gerne lauter. Die Spaghetti werden schliesslich kalt.

Ihr seht, worauf ich hinaus will. Uns Erwachsenen fehlt eine Kultur des Respekts für Kinder. Gleichzeitig beklagen wir uns aber, dass die Kinder uns nicht respektieren. Wie können wir Dinge von unseren kleinen Kindern erwarten, die wir selbst nicht können?

Richtige Erziehung? Hilfe, mein Kind ist frech! Wenn Kinder uns unterbrechen, hat es damit zu tun, dass wir sie ebenfalls oft unterbrechen. Doch wie geht das, unseren Kindern Respekt zu zeigen? 12 Tipps gibt es bei: www.chezmamapoule.com #elternsein #respekt #attachmentparenting #unerzogen #montessori #familie #kinder #lebenmitkind #kleinkind #erziehung #bindungsorientiert

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Hilfe, mein Kind ist frech! Oder warum Kinder uns unterbrechen. 

In Simone Davies‘ sehr gutem Buch The Montessori Toddler las ich davon, wie Kinder lernen können andere nicht zu unterbrechen: In vielen Kinderhäuser gilt die Abmachung, dass wenn die Lehrperson gerade beschäftigt ist, ein Kind sie aber dringend braucht, es einfach seine Hand auf die Schulter der Lehrperson legen kann (s.161). So weiss die Lehrperson, dass das Kind sie braucht und wendet sich ihm möglichst schnell zu.

Davies empfiehlt dieses Prinzip auch zu Hause anzuwenden. Wir können unsere Reaktion auch verstärken, in dem wir unsere Hand auf die Hand des wartenden Kindes legen und mit den Augen signalisieren: „Ich bin gleich bei Dir.“

Hab ich bei uns natürlich versucht. Und bin damit kläglich gescheitert. Gerade abends, wenn mein Mann oder ich endlich zu Hause sind und ein Paar Worte wechseln wollen, werden wir ständig unterbrochen. Denn die Kinder wollen ebenfalls ihre Themen loswerden.

Lange Zeit nervte ich mich. Dann wurde mir aber klar: Meine Kinder können ganz einfach nicht anders. Ganz einfach weil sie es von uns nie lernen durften. Beziehungsweise nicht vorgelebt bekommen. Denn Wenn das Abendessen fertig sind, rufe ich sie in die Küche. Obwohl sie gerade ein Buch liest. Und wenn sie mit ihren Stofftieren spielt, wir aber gleich den Bus verpassen, rufe ich auch zu ihnen: Zieht euch bitte an, wir müssen jetzt looos! Obwohl ihre Stofftiere für sie genauso wichtig sind, wie mein Mann für mich.

Seht ihr? Ich unterbreche sie andauernd. Erwarte aber, dass sie geduldig warten können, bis mein Mann und ich fertig gesprochen haben.

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Wie Kinder Respekt lernen

Maria Montessori sah Kinder nicht als unvollkommene Wesen, die wir mit Wissen abfüllen müssen, sondern als vollwertige und eigenständige Persönlichkeiten mit enormem Potenzial. Entsprechend schenken Montessori-Pädagogen Kindern genauso viel Respekt wie Erwachsenen. Davon können wir uns ein grosses Stück abschneiden: Statt uns zu beklagen, dass Kinder (oder später Jugendliche) uns zu wenig Respekt zeigen, können wir anfangen ihnen gegenüber respektvoll zu sein. Denn es ist logisch: Wenn wir mit Kindern von Anfang an auf Augenhöhe kommunizieren, imitieren sie uns und behandeln uns ebenfalls mit Respekt.

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Also versuche ich das „Respektvolle“ bei uns zu Hause zu kultivieren. Doch wo genau zeigt sich Respekt zu Kindern im Alltag? Ich habe etwas recherchiert und gesammelt. Hier kommen zwölf Anregungen wie Kinder Respekt lernen.

Wie Kinder Respekt lernen: 12 Alltagssituationen

  1. Statt aus dem Flur zu rufen, können wir unsere Kinder am Handgelenk berühren und fragen: „Darf ich Dich kurz unterbrechen, liebe Simona?“ Und nach einem «Ja» fragen, ob sie nun mit raus kommen mag oder ob sie noch ein paar Minuten zum fertig spielen braucht.
  2. Wenn sie uns ausreden lassen, können wir dies auch wertschätzen und sagen: «Vielen Dank, dass Du gewartet hast. Das bedeutet mir sehr viel. Jetzt bin ich ganz für dich da.»
  3. Statt Kinder mit Strafen oder Belohnungen zu manipulieren, können wir auf intrinsische Motivation setzen. Diese ist stärker als externe Anreize.
  4. Statt über ausgeschüttete Milch zu schimpfen, können wir sagen: «Macht nichts! Sowas kann passieren.» Und dem Kind einen Lumpen reichen. Genauso wie wenn es einem Besuch passieren würde.
  5. Statt ein Kleinkind einfach hochzunehmen, können wir es vorher fragen: «Ist es ok für Dich, wenn ich Dich jetzt hochnehme?»
  6. Statt ein Baby auf den Wickeltisch zu legen, können wir es fragen: «Wir gehen jetzt Deine Windel wechseln, ist das okay?» Und wenn die Antwort ein eindeutiges «Nein!» ist, können wir zusammen eine Lösung suchen.
  7. Wenn wir einen Fehler machen und z.B. unseren Kindern etwas unterstellen, können wir uns bei ihnen dafür entschuldigen.
  8. Wenn ein Kellner unseren Kindern auf den Kopf tätschelt, können wir ihn bitten, das nicht zu tun. Genauso wie er es bei einem Erwachsenen auch unterlassen würde.
  9. Bevor wir auf Nachbarskinder aufpassen, können wir sie zuerst fragen: «Kommst Du mit uns auf den Spielplatz, während Deine Mama einkaufen geht?» Und uns erst nach einem «Ja!» von der Mutter verabschieden.
  10. Statt sie «formen» oder «belehren» zu wollen, können wir unseren Kindern vertrauen, dass sie es selber am besten wissen.
  11. Wenn wir einem Kind etwas schenken, können wir uns still und leise an seiner Reaktion freuen. Und das „Und wie sagt man?“ einfach lassen.
  12. Wir können Schreibaby oder Trotzkind, beleidigte Leberwurst oder Dramaqueen ersatzlos aus unserem Wortschatz streichen. Stattdessen kleiner Mensch oder Baby oder Kleinkind oder ihre wunderbaren Vornamen sagen.

Realistische Erwartungen und warum es ok ist, wenn meine Kinder mich unterbrechen

Bei all dem Kinder-Respekt-vorleben kann ich nicht von einer Vierjährigen erwarten, das sofort zu lernen und umzusetzen. Genauso wie ich es von einem 6-Monate altem Baby nicht erwarten kann, dass es doch bitte mal aufstehe und laufe. Auch wenn ich mir noch so fest Respekt von meinen Kindern wünsche, so kann ich es nicht erzwingen. Ich könnte sie zwar „dressieren“, mich nicht zu unterbrechen, aber sie würden das nicht aus Wertschätzung zu mir tun. Ich kann Respekt nur vorleben.

Und das heisst, ein Mal mehr an mir selbst arbeiten. Mich selbst respektieren und auf meine Bedürfnisse achten. Auf Augenhöhe mit unseren Verwandten und Nachbarn reden. Meinen Kindern respektvollen Umgang in unserer Familie vorleben. Oder auch so praktische Dinge wie: Den Tag so zu planen, dass wir immer einen Puffer von 15 Minuten haben, um zu kochen oder um das Haus zu verlassen. Natürlich geht das nicht immer. Dann erkläre ich das meinen Kindern.

Um bei den anfangs erwähnten Spaghetti zu bleiben: Ich esse sie lieber kalt, zeige dafür meiner Tochter, was Respekt bedeutet.

Dieser Text erschien zuerst in gekürzter Form im Magazin wir eltern

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„Ihr Kind zu respektieren, heisst einen kleinen Abstand einzuhalten und darauf zu verzichten, das Kind in seiner Erfahrung der Begegnung mit seinem Leben zu stören.“ schreibt Magda Gerben im Buch Ein guter Start ins Leben: Ein Leitfaden für die erste Zeit mit ihrem Baby (gefunden bei Eltern vom Mars). Und genau von diesem respektvollen, kleinen Abstand und davon was es heisst, unseren Kindern zu folgen und sie zu beobachten – oder um es in Worten Montessoris zu sagen „Follow the child“ – handelt der nächste ArtikelVerpasse ihn nicht und abonniere rasch unsere Sonntagspost, das kostenlose Newsletter von chezmamapoule.com: Hier abonnieren.

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