Wir beklagen uns oft, dass Kinder uns zu wenig Respekt zeigen. Dabei wäre es so einfach: Wenn wir mit Kindern auf Augenhöhe kommunizieren, imitieren sie uns und behandeln uns ebenfalls mit Respekt. 12 Alltagsbeispiele, die zeigen, wie Kinder Respekt lernen.
Stellen wir uns folgende Situation vor. Eine Mutter kocht Spaghetti für ihre Familie. Als das warme Essen auf dem Tisch steht, geht sie ins Kinderzimmer, setzt sich auf den Boden, berührt ihr Kind sanft am Handgelenk und sagt: „Darf ich Dich kurz von Deinem Spiel unterbrechen?“ das Kind schaut kurz hoch und antwortet: „Einen Moment bitte, Mama.“ Die Mutter wartet geduldig, bis das Kind fertig ist und zu ihr hochschaut: „Jetzt kannst Du reden, Mama.“ Erleichtert antwortet die Mutter: „Das Essen ist fertig, kommst Du mit zum Tisch?“ Fröhlich marschiert die Familie in die Küche.
Und wie sieht es im Alltag aus? Oder zumindest bei uns: „Das Essen ist fertig! Alle an Tiiisch!“ ruft die Mutter aus der Küche. Und wenn nach zwei Minuten nicht alle da sind, wird sie gerne lauter. Die Spaghetti werden schliesslich kalt.
Ihr seht, worauf ich hinaus will. Uns Erwachsenen fehlt eine Kultur des Respekts für Kinder. Gleichzeitig beklagen wir uns aber, dass die Kinder uns nicht respektieren. Wie können wir Dinge von unseren kleinen Kindern erwarten, die wir selbst nicht können?
Mama Poule für Deine Pinnwand ; -)
Hilfe, mein Kind ist frech! Oder warum Kinder uns unterbrechen.
In Simone Davies‘ sehr gutem Buch The Montessori Toddler las ich davon, wie Kinder lernen können andere nicht zu unterbrechen: In vielen Kinderhäuser gilt die Abmachung, dass wenn die Lehrperson gerade beschäftigt ist, ein Kind sie aber dringend braucht, es einfach seine Hand auf die Schulter der Lehrperson legen kann (s.161). So weiss die Lehrperson, dass das Kind sie braucht und wendet sich ihm möglichst schnell zu.
Davies empfiehlt dieses Prinzip auch zu Hause anzuwenden. Wir können unsere Reaktion auch verstärken, in dem wir unsere Hand auf die Hand des wartenden Kindes legen und mit den Augen signalisieren: „Ich bin gleich bei Dir.“
Hab ich bei uns natürlich versucht. Und bin damit kläglich gescheitert. Gerade abends, wenn mein Mann oder ich endlich zu Hause sind und ein Paar Worte wechseln wollen, werden wir ständig unterbrochen. Denn die Kinder wollen ebenfalls ihre Themen loswerden.
Lange Zeit nervte ich mich. Dann wurde mir aber klar: Meine Kinder können ganz einfach nicht anders. Ganz einfach weil sie es von uns nie lernen durften. Beziehungsweise nicht vorgelebt bekommen. Denn Wenn das Abendessen fertig sind, rufe ich sie in die Küche. Obwohl sie gerade ein Buch liest. Und wenn sie mit ihren Stofftieren spielt, wir aber gleich den Bus verpassen, rufe ich auch zu ihnen: Zieht euch bitte an, wir müssen jetzt looos! Obwohl ihre Stofftiere für sie genauso wichtig sind, wie mein Mann für mich.
Seht ihr? Ich unterbreche sie andauernd. Erwarte aber, dass sie geduldig warten können, bis mein Mann und ich fertig gesprochen haben.
Wie Kinder Respekt lernen
Maria Montessori sah Kinder nicht als unvollkommene Wesen, die wir mit Wissen abfüllen müssen, sondern als vollwertige und eigenständige Persönlichkeiten mit enormem Potenzial. Entsprechend schenken Montessori-Pädagogen Kindern genauso viel Respekt wie Erwachsenen. Davon können wir uns ein grosses Stück abschneiden: Statt uns zu beklagen, dass Kinder (oder später Jugendliche) uns zu wenig Respekt zeigen, können wir anfangen ihnen gegenüber respektvoll zu sein. Denn es ist logisch: Wenn wir mit Kindern von Anfang an auf Augenhöhe kommunizieren, imitieren sie uns und behandeln uns ebenfalls mit Respekt.
Also versuche ich das „Respektvolle“ bei uns zu Hause zu kultivieren. Doch wo genau zeigt sich Respekt zu Kindern im Alltag? Ich habe etwas recherchiert und gesammelt. Hier kommen zwölf Anregungen wie Kinder Respekt lernen.
Wie Kinder Respekt lernen: 12 Alltagssituationen
- Statt aus dem Flur zu rufen, können wir unsere Kinder am Handgelenk berühren und fragen: „Darf ich Dich kurz unterbrechen, liebe Simona?“ Und nach einem «Ja» fragen, ob sie nun mit raus kommen mag oder ob sie noch ein paar Minuten zum fertig spielen braucht.
- Wenn sie uns ausreden lassen, können wir dies auch wertschätzen und sagen: «Vielen Dank, dass Du gewartet hast. Das bedeutet mir sehr viel. Jetzt bin ich ganz für dich da.»
- Statt Kinder mit Strafen oder Belohnungen zu manipulieren, können wir auf intrinsische Motivation setzen. Diese ist stärker als externe Anreize.
- Statt über ausgeschüttete Milch zu schimpfen, können wir sagen: «Macht nichts! Sowas kann passieren.» Und dem Kind einen Lumpen reichen. Genauso wie wenn es einem Besuch passieren würde.
- Statt ein Kleinkind einfach hochzunehmen, können wir es vorher fragen: «Ist es ok für Dich, wenn ich Dich jetzt hochnehme?»
- Statt ein Baby auf den Wickeltisch zu legen, können wir es fragen: «Wir gehen jetzt Deine Windel wechseln, ist das okay?» Und wenn die Antwort ein eindeutiges «Nein!» ist, können wir zusammen eine Lösung suchen.
- Wenn wir einen Fehler machen und z.B. unseren Kindern etwas unterstellen, können wir uns bei ihnen dafür entschuldigen.
- Wenn ein Kellner unseren Kindern auf den Kopf tätschelt, können wir ihn bitten, das nicht zu tun. Genauso wie er es bei einem Erwachsenen auch unterlassen würde.
- Bevor wir auf Nachbarskinder aufpassen, können wir sie zuerst fragen: «Kommst Du mit uns auf den Spielplatz, während Deine Mama einkaufen geht?» Und uns erst nach einem «Ja!» von der Mutter verabschieden.
- Statt sie «formen» oder «belehren» zu wollen, können wir unseren Kindern vertrauen, dass sie es selber am besten wissen.
- Wenn wir einem Kind etwas schenken, können wir uns still und leise an seiner Reaktion freuen. Und das „Und wie sagt man?“ einfach lassen.
- Wir können Schreibaby oder Trotzkind, beleidigte Leberwurst oder Dramaqueen ersatzlos aus unserem Wortschatz streichen. Stattdessen kleiner Mensch oder Baby oder Kleinkind oder ihre wunderbaren Vornamen sagen.
Realistische Erwartungen und warum es ok ist, wenn meine Kinder mich unterbrechen
Bei all dem Kinder-Respekt-vorleben kann ich nicht von einer Vierjährigen erwarten, das sofort zu lernen und umzusetzen. Genauso wie ich es von einem 6-Monate altem Baby nicht erwarten kann, dass es doch bitte mal aufstehe und laufe. Auch wenn ich mir noch so fest Respekt von meinen Kindern wünsche, so kann ich es nicht erzwingen. Ich könnte sie zwar „dressieren“, mich nicht zu unterbrechen, aber sie würden das nicht aus Wertschätzung zu mir tun. Ich kann Respekt nur vorleben.
Und das heisst, ein Mal mehr an mir selbst arbeiten. Mich selbst respektieren und auf meine Bedürfnisse achten. Auf Augenhöhe mit unseren Verwandten und Nachbarn reden. Meinen Kindern respektvollen Umgang in unserer Familie vorleben. Oder auch so praktische Dinge wie: Den Tag so zu planen, dass wir immer einen Puffer von 15 Minuten haben, um zu kochen oder um das Haus zu verlassen. Natürlich geht das nicht immer. Dann erkläre ich das meinen Kindern.
Um bei den anfangs erwähnten Spaghetti zu bleiben: Ich esse sie lieber kalt, zeige dafür meiner Tochter, was Respekt bedeutet.
Dieser Text erschien zuerst in gekürzter Form im Magazin wir eltern
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„Ihr Kind zu respektieren, heisst einen kleinen Abstand einzuhalten und darauf zu verzichten, das Kind in seiner Erfahrung der Begegnung mit seinem Leben zu stören.“ schreibt Magda Gerben im Buch Ein guter Start ins Leben: Ein Leitfaden für die erste Zeit mit ihrem Baby (gefunden bei Eltern vom Mars). Und genau von diesem respektvollen, kleinen Abstand und davon was es heisst, unseren Kindern zu folgen und sie zu beobachten – oder um es in Worten Montessoris zu sagen „Follow the child“ – handelt der nächste Artikel. Verpasse ihn nicht und abonniere rasch unsere Sonntagspost, das kostenlose Newsletter von chezmamapoule.com: Hier abonnieren.
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Sehr schöne Punkte und Überlegungen.
Einzig beim Thema Wickeln kann ich nicht zustimmen. Eine Windel muss gewechselt werden, da kein ein Baby oder ein Kleinkind nicht selbst entscheiden.
Ich würde eher sagen:“Deine Windel ist voll, ich möchte sie jetzt wechseln.“ Punkt. Bei Dingen bei denen das Kind keine Wahl hat sollte man sie NICHT fragen, auch kein „ok?“ hinten dranhängen. Sonst fühlt sich das Kind in seiner Meinung übergangen, wenn es erst gefragt wird, ein Nein aber indirekt nicht akzeptiert wird.
Immer nur fragen, wenn das Kind eine echte Wahl hat, die ich akzeptieren kann.
Stattdessen kann man dem Kind BEIM Wickeln eine Wahl lassen und zb. fragen: „Möchtest du ein Spielzeug mit auf den Wicjeltisch nehmen/dir den Wickelplatz aussuchen/soll ich ein Lied singen?“
Dem Kind sollte man natürlich auch die Gelegenheit geben eine kurze Tätigkeit zu Ende zu führen, die Tatsache dass danach aber gewickelt wird sollte klar formuliert sein.
Ich habe aber selbst eine Frage: Wenn ich telefoniere unterbricht mich mein Kind ständig. Beschäftigungen nebenher lehnt sie ab, sie möchte mitreden. Wenn sie telefoniert oder telefonieren spielt lassen wir sie immer ausreden. Mir fällt nicht wirklich ein, was ich da noch tun kann.
Liebe Tabea, vielen Dank für Deine Rückmeldung. Zum Thema Wickeln: Die Idee ist, dass man eine Art Dialog führt mit dem Baby „So und jetzt gehen wir Deine Windel wechseln, ja?“ ein Baby kann ja noch nicht antworten. Bei einem Kleinkind würde ich – nach Möglichkeit natürlich – mehr Verhandlungsraum geben. Es sei denn die Windel quillt über, was ja wirklich selten der Fall ist. Aber auch da würde ich das Kind nicht einfach auf den Wickeltisch klatschen, sondern auch hier beschreiben was ich mache. „Es tut mir leid, dass du dein Spiel unterbrechen musst, ich muss dir aber kurz die Windel wechseln, wenn ich das nicht mache, kann es sein, dass du einen Ausschlag bekommst, dass dir dann weh macht. Dein Popo ist bald ganz sauber und du kannst so ungestört weiter spielen“ etc… Die Idee ist, dass das Kind seine Selbstbestimmung nicht verliert.
Und was das Telefonieren angeht, hier habe ich eine ganz einfache Regel eingeführt: Ich telefoniere nicht, wenn ich mit meinen Kindern bin. Das hat mein Umfeld mittlerweile akzeptiert. Und ich schreibe ja zum Glück gerne. ;- )
Hallo, ich bin auch der Meinung, dass es sehr wichtig ist Kinder mit Respekt und Achtung zu begegnen. Denn wenn ich überzeugt davon bin, dass mein Kind verantwortungsvoll handeln kann, stärkt das sein Selbstbewusstsein und es handelt auch entsprechend. Und das aus eigener Überzeugung und nicht, weil jemand ein gewisses Verhalten von ihm verlangt. Vertrauensvorschuss bewirkt bei uns häufig Verantwortungsvolles Handeln.
Allerdings würden einige der Vorschläge in unserer Familie nicht funktionieren. Wir sind einfach mehr Leute und haben auch vor noch zu wachsen. Ich kann z.B. nicht auf jedes Kind 15 Minuten warten. Wenn wir etwas vor haben am Tag, dann wird es morgens angekündigt und auf dem Tagesplan am Kühlschrank visuell (mit Bild) festgehalten. Dh. sobald es los geht, ist es nicht unerwartet und gleichzeitig erwarte ich Pünktlichkeit. Mein Mann will auch nicht jedes Mal 15 Minuten auf mich warten, deshalb werden Zeitpunkte abgemacht und eingehalten. Ich muss auch meine Tätigkeiten unterbrechen um z.B. rechtzeitig Essen auf den Tisch zu stellen. Und hier gilt auch wieder, wenn ich es rechtzeitig ankündigen, darf ich auch Pünktlichkeit erwarten. In einer Familie ist jeder wichtig und ich will nicht 5 Leute warten lassen, nur weil einer nicht will. JEDER von uns muss ab und zu die eigenen Wünsche warten lassen und JEDER hat aber auch den Moment, wo Wünsche erfüllt werden. Aber wir sind EINE Familie. Gute Kommunikation ist natürlich vorausgesetzt. Wenn ich Eltern sehe, die ihrem Kleinkind einfach die Jacke überstülpen, wird mir ganz anders. Trotzdem sage ich nicht: Magst du die Jacke anziehen oder nicht? Wenn es notwendig ist, weil es kalt ist. Sondern ich kündige vorher an, dass wir gehen. Lasse genug Zeit, damit sich mein Kind selbst anziehen kann oder erzähle ihm, was ich mache. „Wir ziehen jetzt deine Jacke an, damit wir deinen Freund auf dem Spielplatz treffen können. Erst den einen Arm und jetzt den anderen. Und noch den Reißverschluss zu…“ Ich versuche allgemein meinem Kind Worte für alles zu geben, dann kann man besser reden. 😉 Mein Kind muss auch niemanden zur Begrüßung umarmen, deshalb kann es trotzdem höflich sein und ‚Guten Tag‘ sagen. Es gibt einige Dinge, die ich anders mache, als andere. Einfach weil wir eine große Familie sind und jeder von uns muss Rücksicht nehmen. Deshalb haben meine Kinder keine schlechte Kindheit, sondern lernen miteinander respektvoll umzugehen. Ich würde zB. auch nicht 4 verschiedene Gerichte kochen, nur weil das Essen nicht jedem schmeckt. Ich esse auch Dinge, die mir nicht schmecken. Aber jeder bekommt auch mal sein Lieblingsessen gekocht. Und da ist es wieder ähnlich mit dem Respekt. Ich möchte, dass meine Kinder alles was Gesund ist, probieren. Denn Geschmack ist Gewohnheitssache. Bei mir darf man aussprechen, wenn es nicht schmeckt, aber nicht über das Essen schimpfen, meckern oder es ‚eklig‘ nennen. Auch das gehört zu
Respekt. Aber ich zwinge kein Kind, seinen Teller aufzuessen, wenn es satt ist. Dennoch, wenn es sich selbst geschöpft hat,gibt es an dem Tag erst etwas anderes, wenn der Teller leer ist. Das hat ebenfalls mit Respekt zu tun, nicht einfach Dinge wegzuschmeißen. Daran halte ich mich selbst auch. Deshalb ist meine Meinung, wenn jeder Mal Rücksicht nehmen muss und seine eigenen Wünsche zurückstecken, dann ist das keine respektlose Forderung der anderen, sondern gehört einfach dazu in einer Familie. Und gleichzeitig ist meine Tochter auch dankbar, wenn wir sie nicht verspätet zur Ballettaufführung bringen. Das funktioniert nur, wenn man das vorher gemeinsam trainiert und einübt. Und mein Sohn profitiert auch davon, wenn sich nicht jeder über den schlechten Geruch seiner Lieblingswürstchen aufregt und Ausdrücke gebraucht, wie: ‚das stinkt‘! (Würstchen muss übrigens keiner hier essen, die gelten nicht als ‚gesund‘). Ich hoffe man versteht, was ich sagen will, auch wenn die einzelnen Beispiele oft keinen direkten Bezug zum Artikel haben. Ich wollte einfach meine Gedanken zum Thema Respekt teilen.
Hallo ich finde sie haben in den meisten Punkten recht aber wie schaffe ich es es um zusetzten ich bin ein verstreuter und vergesslicher Mensch brauche sehr lange um neue Sachen zu verinnerlichen ich habe vier Kinder und gefühlt Tanzen sie mir alle auf der Nase herum ich möchte sehr gerne etwas daran verändern und Respekt erscheint mir als erstes das wichtigste zu sein auf beiden Seiten natürlich ich weis aber nicht wie ich das umsetzten soll?
Zu Punkt 8 habe ich mir schon lange Gedanken gemacht und würde gerne wissen wie Andere darüber denken.
Ich finde es auch nicht gut und fasse darum grundsätzlich keine Menschen (insbesondere Kinder) aber auch keine Tiere einfach so an, sondern lasse sie wenn dann auf mich zu kommen. Und ich merke auch bei meiner Tochter, dass ihr das nicht immer geheuer ist, wenn sie einfach so angefasst wird von Fremden. ABER nun sind Kinder keine Erwachsenen, sprich sie haben selbst noch gar nicht den Respekt vor Intimität. Ich will damit sagen, dass meine Tochter ungefragt alles antascht, ob Mensch, Tier oder Spielsachen anderer Kinder. Eigentlich müsste ich bei anderen Kindern und vor allem Erwachsenen da auch einschreiten und das unterbinden (bei fremden Tieren mache ich das sowieso). Aber eigentlich möchte ich das nicht, denn ich gehe bei Kindern (ab einem bestimmten Alter und bei Erwachsenen sowieso) davon aus, dass sie sich äußern, wenn sie das nicht möchten. Außerdem habe ich Bedenken, dass ich ihr so ihre Art der ungezwungenen und freundlichen Kontaktaufnahme mit anderen Menschen verwehre.
Mal abgesehen davon, dass man sich tüchtig asozial vorkommt, wenn man in der Situation etwas sagt. Da fehlt mir irgendwie noch ein guter Satz, von dem sich keiner vor den Kopf gestoßen fühlt und den ich bei dem Kellner anwenden kann, wie auch bei der lieben Oma von neben an. Komischerweise hatte ich überhaupt kein Problem Tätschelein meines Schwangerschaftsbauches abzuwehren, weil es dabei um mich und meinen Körper ging, aber Kinder sind gefühlt Allgemeingut und es fällt mir oft schwer, meine Tochter davor zu schützen auf Grund meiner eigenen Blockaden im Kopf. Dabei finde ich es gerade bei Mädchen so immens wichtig, dass sie lernen „Nein“ zusagen und dass das etwas bedeutet!
Es müsste heißen : ein paar der Vorschläge würden bei uns nicht funktionieren. Dennoch sollte der Herzschlag hinter den Tipps in jeder Familie selbstverständlich sein. Natürlich schreie ich nicht rum, wenn ich eigentlich nur die Aufmerksamkeit von einem Kind möchte. Genauso erwarte ich von meinen Kindern, dass sie zu mir kommen, wenn sie etwas wollen und nicht mit ihrem Geschrei das Baby aufwecken. Trotzdem rufe ich zum Essen, damit es alle hören. Und hier macht wieder der Ton die Musik. Meine Mutter hat immer auf eine kurze Melodie, ‚das Essen ist fertig‘ gesungen. Und so mache ich es auch oft. 🙂 das klingt nicht genervt oder unangenehm.
Ich sage auch nicht „was sagt man da…?!“, wenn mein Kind ein Geschenk bekommt, sondern „wie kannst du zeigen, dass du dich darüber freust?“ Und dann kommt das Danke ganz alleine, oder eine andere süße Geste, die Dankbarkeit ausdrückt.
Ganz, ganz wichtig finde ich auch deinen Punkt, nicht zu schimpfen, wenn ein Missgeschick passiert. Sondern das Kind anzuleiten, eine Lösung zu finden und eine angemessene Reaktion darauf zu zeigen. Z.B. selbst aufwischen…
Vielen lieben Dank für deinen Kommentar, liebe Ann.
Liebe Ellen, auch ich bin für Respekt im Umgang mit Kindern. Auf dem Weihnachtsmarkt habe ich etliche Fremde zurecht weisen müssen, die ungefragt die in die Augen gerutschte Mütze meiner Tochter gerichtet haben, obwohl diese sie so tragen wollte. Das war sowohl dem Kind als auch den Eltern gegenüber respektlos. Bei manchen Deiner Ansätze sehe ich jedoch auch Schwierigkeiten im Alltag. Auch Grenzen müssen gesetzt werden, Regeln eingehalten werden. Das ist ein Balanceakt, der hier zu kurz kommt.
Vielen Dank, liebe Katarzyna! Das Thema Grenzen ist ungemein wichtig, Danke für den Hinweis. Da werde ich gerne einen Beitrag dazu schreiben, denn in der Tat kann das missverstanden werden in meinen Texten. Falls Du mir einen konkreten Hinweis / Textpassage nennen könntest, würde mir das sehr helfen! Gerne auch per Mail an ellen@chezmamapoule.com. Herzliche Grüsse aus Zürich, Ellen
Also ich denke es ist ziemlich unfair mein Kind zu fragen, ob es denn ok sei die Windeln zu wechseln. Bei einem Nein, habe ich ja dann ein ziemlich großes Problem, denn Fakt ist eine volle Windel muss gewechselt werden. Ob das nun ok für mein Kind ist oder nicht. Wie soll denn eine gemeinsame Lösung aussehen? Das hört sich für mich so an, als ob ich das Nein des Kindes nicht akzeptieren bzw. ernst nehmen soll und es dann versuche umzustimmen. Das hat für mich nichts mit Augenhöhe zu tun. Ein Nein ist ein Nein. Und genau deshalb sollte man ein Kind nur dann eine Wahl lassen, wenn es auch wirklich eine hat und man selbst auch ein Nein akzeptieren kann. Meine Meinung. Ansonsten stimme ich mit dir überein. Respekt gegenüber Ki dern sollte in unserer Gesellschaft unbedingt mehr gelebt werden. LG
Danke, liebe Elli.
Die obige Formulierung kann missverstanden werden, Danke! Es geht darum, die Kinder nicht einfach unachtsam auf die Wickelunterlage zu legen und automatisch die Windeln zu wechseln, sondern darum das Kind in das was mit seinem Körper passiert wirklich aktiv miteinzubeziehen. Wir können das eben ankündigen mit einem: „Jetzt gehen wir eine frische Windel anziehen, okay?“ ein Baby kann ja ohnehin noch nicht „Nein“ sagen, aber es spürt von anfang an, dass es eine Mitbestimmung hat, über das was mit seinem Körper passiert. Wir können den Prozess verbalisieren: „Jetzt öffnen wir die Windeln, okay?“ und dann kurz abwarten, bis das Kind das gehört hat. So wird das zu einem Ritual und Kinder wissen was jeweils als nächstes beim Wickeln passiert.
Herzlich,
Ellen
Ich würde deine Formulierungen was das Windelwechseln anbelangt noch etwas differenzieren. Einem Baby würde ich es so erzählen wie du oben oder ähnlich. „So mein Spatz, wir gehen jetzt ins Badezimmer. Ich merke, dass deine Windel ziemlich voll ist und möchte sie nun wechseln. So – ich lege dich nun auf deinen Wickeltisch und ziehe dir erst mal deine Hose aus. Jetzt knöpfe ich den Body auf und öffne deine Windel. Siehst du: das hat super geklappt. Prima, wie toll du mitmachst! Ich nehme nun den Waschlappen und werde ihn mit warmen Wasser nass machen, dann kann ich dich besser säubern. Hier – möchtest du es selbst mal probieren?“
etc. etc. eben alles erklären und beschreiben, was und wie man es tut, bis das Kind wieder angezogen ist.“ Bei einem Kleinkind, das sich bereits besser artikulieren kann (sei es durch Zwergensprache oder bereits vollverbal), würde ich zwei Optionen vorschlagen.
„Ich würde jetzt gerne mit dir zusammen die Windel wechseln. Möchtest du das auf dem Wickeltisch oder xy (im Stehen, etc.) (natürlich einen Ort nennen, der auch okay dafür ist!)
Dann hat das Kind auch das Gefühl, die Entscheidung jetzt mitzubestimmen. Es erfährt Selbstwirksamkeit und hat (wenn auch eine limitierte) Entscheidungsfreiheit. Insgesamt würde ich allgemein auf Suggestivfragen bei Kindern verzichten. Auch beim Windelwechseln kann man den Zeitraum selbst bestimmen lassen. Beispiel: „Sollen wir jetzt gleich die Windel wechseln oder in 5 Minuten?“ Antwortet das Kind „In 5 Minuten“. Kannst du sagen, damit es auch klar ist, wo das ganze stattfindet. „In Ordnung, dann treffen wir uns in 5 Minuten im Badezimmer. Ich rufe dich dann“.
Um das Zeitgefühl zu entwickeln, kannst du dann das Kind in unterschiedlichen Zeitetappen an die Vereinbarung erinnern. „S. – du kannst noch 2 Minuten spielen, dann treffen wir uns im Badezimmer zum Wickeln“.
Und dann, wenn es soweit ist „S. – die 5 Minuten sind jetzt vorbei. Kommst du bitte ins Badezimmer?“. Alternativ kannst du das Kind natürlich auch abholen und sagen „S. – die 5 Minuten sind jetzt vorbei. Komm, lass uns gemeinsam ins Badezimmer gehen, um die Windel zu wechseln.“
Das Schöne ist: Es dauert gar nicht lange, bis das Kind das Prinzip internalisiert hat und kommt nach den 5 Minuten freiwillig ins Badezimmer oder sogar früher. Wichtig ist wie mit Allem – was du ja auch beschreibst – die Transparenz des nächsten Schrittes. Wissen Kinder einfach klar ersichtlich Bescheid, was wie und wo etwas passiert, sind sie viel kooperativer und entspannter.
Das wollte ich dir bzw. euch einfach noch als erweitertes Feedback zu deinem tollen Blog da lassen 🙂
Herzliche Grüße
Franzi
Ich versuche mein Kind wirklich so zu erziehen, aber manchmal fällt es mir so schwer. Gerade das mit auf den Kopf tätscheln. Ich weiß das es respektlos ist, aber gerade bei Verwandten fällt es mir so schwer etwas zu sagen. Ein wunderbarer Bericht, der mich wieder an ein respektvolles Miteinander erinnert. Danke dir!
Vielen Dank, liebe Lisa. Ja, ich weiss genau was Du meinst. Einfach ist es nicht. Aber sehr lohnenswert.
Da ich keine kalten Spaghetti mag, finde ich beide Option nicht sonderlich toll. Wie wäre es mit einer dritten Variante: wenn die Spaghetti (oder wasauchimmer) noch 5 Minuten kochen, gehe ich ins Kinderzimmer, kündige an, dass es bald Essen gibt, und bitte die Kinder, zu mir in die Küche zu kommen, wenn sie ihr aktuelles Spiel fertig gespielt haben. Das dauert meistens weniger als die 5 Minuten, dann können die Kinder noch das Wasser und den Reibkäse auf den Tisch stellen, und wir können trotz einer respektvollen Kommunikation die Spaghetti essen, solange sie noch heiss sind 😉
LG, Julia
Wunderbar, liebe Julia! Das schreibe ich ja auch im Artikel: „Oder auch so praktische Dinge wie: Den Tag so zu planen, dass wir immer einen Puffer von 15 Minuten haben, um zu kochen oder um das Haus zu verlassen. Natürlich geht das nicht immer. Dann erkläre ich das meinen Kindern.“ Alles Liebe für euch und schon mal guten Appetit beim nächsten Spaghetti-Plausch :- )