[ Werbung ] Wie spricht man mit Kindern über Krebs? Und über Leukämie bei Kindern? Eliane Fischer hat es mit dem Buch „Julie ist wieder da!“ versucht. Und eine Psychotherapeutin um Rat gefragt. Ein Gastbeitrag von Eliane Fischer, Mint & Malve.
Als Mama zweier Kinder (2 und 5 Jahre alt) und Buchbloggerin suche ich bei schwierigen Themen immer wieder Rat in Kinderbüchern. Bücher erleichtern uns den Einstieg in Themen wie Flucht und Migration, schwere Krankheiten oder Tod. Was aber, wenn ein Gspöndli im Kindergarten, in der Schule oder im Freundeskreis an Krebs erkranken sollte? Kann da ein Kinderbuch helfen? Michèle Widler, Psychotherapeutin am Kinderspital Zürich und selbständige Psychotherapeutin, bejaht das: «Kinderbücher eignen sich, anschaulich und kindgerecht zu erklären, wie Krebs entsteht und welche Behandlungen notwendig sind.»
Die Kinderkrebshilfe Schweiz führt zum Thema Kinderkrebs eine Liste – mit bereits über 700 Titeln. Die riesige Auswahl kann einen rasch überfordern und so wurde ich nicht auf Anhieb fündig: Zu traurig waren mir die beschriebenen Schicksale, zu unbeholfen die Illustrationen, zu mystisch die Erklärungen des Todes oder des Lebens nach dem Tod, zu technisch die medizinischen Hintergrundinformationen. Auch meine Bloggerkolleginnen und meine Buchhändlerinnen des Vertrauens konnten mir erst nicht weiterhelfen. Bis ich dann auf verschlungenen Pfaden auf «Julie ist wieder da!» gestossen bin.
Leukämie bei Kindern mit Kinderaugen sehen: Julie ist wieder da!
«Julie ist wieder da!» ist im Jahr 2010 bei Edition Moderne erschienen. Geschrieben hat das Buch Prof. Dr. Michael Grotzer, Onkologe und ärztlicher Direktor am Kinderspital Zürich. Illustriert hat es Anna Sommer. Grotzer und Sommer erzählen einfühlsam von Julies Krebserkrankung. Davon wie sie für längere Zeit ins Spital musste und wie sie nach der Therapie ihrer Schulklasse berichtete, was Leukämie ist und wie es ihr im Spital ergangen ist. Der Verlag empfiehlt das Buch ab vier Jahren. In diesem Alter würde ich allerdings die fachlichen Hintergründe stark vereinfacht wiedergeben und darauf gefasst sein, dass vieles noch zusätzlich erklärt werden muss.
Wir hören die Geschichte zum grossen Teil aus der Sicht von Julie, die nach ihrer Rückkehr in die Schule gerne von ihrer Krebserkrankung erzählt. Denn wer wüsste besser Bescheid darüber als sie selbst? Man merkt, dass ihr das Erzählen hilft: Erstens, um die schwere Zeit ein Stück weit zu verarbeiten. Zweitens, weil sie so viele der Fragen ihrer Klassenkameradinnen und -kameraden beantworten kann. Drittens, weil sie damit wieder eine Verbindung zu ihrer Klasse herstellen kann. Ihre Klasse, die sich ein halbes Jahr ohne Julie in ihrer Mitte weiterentwickelt hat und sich über die Rückkehr sehr freut.
Das Erzählen aus Julies Perspektive hat einen grossen Vorteil: Wir begeben uns automatisch auf Augenhöhe mit den Kindern. Auf Augenhöhe mit Julie und ihren Freunden, die ganz ungeniert nachfragen, wenn sie etwas nicht verstehen oder sie etwas einfach wundernimmt. So fragt Tilek: «Hast du dich bei jemandem angesteckt?». Und er will wissen, was Julie denn ins Spital mitgenommen habe. Julie erzählt, von Freundschaften, die im Spital entstanden sind. Und dass sie sich sogar über die Hausaufgaben gefreut hat, die ihr Nina jeweils vorbeibrachte.
Kommunikation auf Augenhöhe: Auch Erwachsene haben nicht auf alle Fragen eine Antwort
Besonders gefällt mir am Buch – neben der kindgerechten Erzählung und der gelungenen Illustration – dass es Hoffnung und ein Stück Normalität vermittelt. Hoffnung, dass andere Kinder mit Leukämie es auch schaffen. Normalität, weil das Buch sehr schön zeigt, dass ein Kind mit Krebserkrankung vor allen Dingen ein Kind bleibt. Auch wenn sich in seinem Leben auf einen Schlag praktisch alles ändert.
Es bleibt ein Kind mit Freundinnen, ein Kind mit Geschwistern, ein Kind mit seinen Vorlieben und Abneigungen, ein Kind mit Wut, Angst und Trauer, aber auch mit Humor und Lust am Leben. Ein Kind, dem wir mit scheinbar einfachen Dingen – wie einem Brief ins Spital – Mut und Zuversicht schenken können. Das Gefühl, zu einer Gemeinschaft zu gehören, das Gefühl, wichtig zu sein, auch und gerade wenn es im Spital ist und für eine Weile ein ganz anderes Leben führen muss.
Erkrankt ein Gspöndli im Kindergarten, in der Schule oder im Bekanntenkreis an Krebs, ist es laut Michèle Widler besonders wichtig, dem Kind zu signalisieren, dass es immer mit Fragen auf einen zukommen darf – egal, ob nun Eltern, Lehr- oder Betreuungsperson. Ein Kinderbuch wie «Julie ist wieder da!» kann den Einstieg in die Thematik erleichtern. «Wichtig ist im Gespräch über Krebs, eine altersgerechte Sprache zu wählen und nicht zu viele Informationen auf einmal zu vermitteln.» ergänzt Michèle Widler. Wir dürfen uns ruhig von den Fragen der Kinder leiten lassen und auch zugeben, dass wir nicht auf alle Fragen eine Antwort haben.
Drei Verlosungsexemplare von «Julie ist wieder da!»
Edition Moderne hat uns nicht nur ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt, sondern auch drei Verlosungsexemplare. Herzlichen Dank! Auf meinem Buchblog www.mintundmalve.ch könnt ihr das Buch jetzt gewinnen.
- Das Autorenduo Sommer/Grotzer hat ein weiteres Buch zum Thema Krebs geschrieben: «Eugen und der freche Wicht» erzählt die Geschichte von Eugen, der an einem Hirntumor erkrankt ist.
- Michèle Widler arbeitet als Psychotherapeutin in der psychoonkologischen Praxis der Krebsliga Zürich, im Kinderspital Zürich und als selbstständige Psychotherapeutin in Basel. Mehr über Michèle Widler: Praxis am Blumenrain
- Sie leitet ausserdem die Kindernachmittage der Krebsliga Zürich für 6- bis 12-Jährige aus Familien die von Krebs betroffen sind.
- Mehr Buchbesprechungen von Eliane Fischer findet ihr auf ihrem Buchblog: www.mintundmalve.ch
- Gewalt an Kindern in der Schweiz: Bitte unterschreibe die Online-Petition
Transparenz
Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Kinderkrebs Schweiz und Edition moderne. Wieso gerade das Thema Kinderkrebs? Zum Glück nicht, weil wir selbst betroffen sind oder ein betroffenes Kind im Bekanntenkreis haben. Aber weil diese Krankheit leider jeden aus heiterem Himmel treffen kann. So lange nur 4 von 5 Kinder mit Kinderkrebs geheilt werden, so lange müssen wir für das Thema sensibilisieren. Der Dachverband Kinderkrebs Schweiz tut das mit seiner Solidaritätskampagne «4 von5».
Auf der Website www.4von5.ch könnt ihr eure Solidarität mit den Betroffenen zeigen. Formuliert einen Wunsch für ein betroffenes Kind und seine Angehörigen und lasst sie so wissen, dass ihr an sie denkt. Spendet Mut, Hoffnung und Zuversicht! Eine Auswahl der schönsten Wünsche wird den spezialisierten Kinderspitälern in der Schweiz übergeben, um den Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern und Geschwistern Mut zu machen. Mein Wunsch sieht so aus:
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Illustrationen © Anna Sommer
Fotos © Ellen Girod